In den letzten Jahren sind die Steuererträge von Unternehmen regelrecht eingebrochen: Noch zwischen 2011 und 2016 lieferten Unternehmen durchschnittlich rund 31 Millionen CHF an Steuern pro Jahr ab. 2021 bezifferten sich die Steuererträge der juristischen Personen gerade noch auf 16 Millionen. Ein Grund für diesen Einbruch: Steuerrevisionen auf übergeordneter Ebene. Das 2021 in Kraft getretene kantonale Steuergesetz ist ein Beispiel dafür. Mit diesem wurden Instrumente der STAF-Vorlage eingeführt, mit denen unter anderem hohe Steuerabzüge für bestimmte Unternehmen eingeführt wurden (Bsp. Patentboxen). Dieses Geld für Steuergeschenke an Unternehmen fehlt nun in der Bieler Stadtkasse. Aus diesem Einnahmenproblem resultieren defizitäre Jahresabschlüsse, die die Stadt Biel zum Handeln zwingen. 

Als Reaktion auf das Einnahmenproblem hat der Bieler Gemeinderat das Sanierungspaket Substance 2030 ausgearbeitet. Dieses sieht Massnahmen im Bereich der öffentlichen Leistungen und der städtischen Arbeitsbedingungen, eine Reduktion der Investitionen sowie eine Steuererhöhung vor. So sind einschneidende Kürzungen bei der Stadtgärtnerei, der Strassenreinigung, der Kultur, der Integration und dem Bilinguismus vorgeschlagen. Bei vielen Institutionen, die wertvolle Leistungen für Junge und Alte und in den Quartieren anbieten, sind teilweise existenzbedrohende Kürzungen angedacht. Städtische Einrichtungen wie das Fundbüro, Telefonzentralen für die Bevölkerung, die SIP und die Marktpolizei sollen abgeschafft, Familien mit Kindern in Tagesschulen und im Ferienpass stärker zur Kasse gebeten werden. Insgesamt ist ein Abbau von mehr als 50 städtischen Vollzeitstellen bis 2026 geplant, viele im Tieflohnbereich. Daneben sollen die Arbeitsbedingungen verschlechtert und die jährlichen Investitionen von 40 Millionen auf 30 Millionen reduziert werden. Mit dem aktuellen Vorschlag werden die Bieler*innen gleich mehrmals zur Kasse gebeten: Gleichzeitig mit der dringend nötigen Erhöhung der Einnahmen sollen Leistungen gekürzt oder verteuert werden und Investitionen zu Lasten der zukünftigen Generationen aufgeschoben werden. 

Für uns ist klar: Dieses Paket ist so nicht hinnehmbar. Wir wollen weiterhin eine vielfältige und lebendige Stadt. Dazu gehören die Leistungen der Stadt ebenso wie die kulturellen und sozialen Angebote der verschiedenen Organisationen und Institutionen. Die Stadt soll auch für die nächsten Generationen ein Ort sein, wo alle gerne wohnen, arbeiten und die Freizeit verbringen können. Dazu braucht es neben einem starken Service Public und den sozialen und kulturellen Institutionen primär auch Investitionen. Investitionen in den Schulraum, in eine fossilfreie Gesellschaft und in die Begrünung, in bezahlbaren Wohnraum und in die Verkehrswende. 

Wir steigen deshalb mit den folgenden Grundsätzen in die Stadtratsdebatte um Substance 2030 und das Budget 2023 ein: 

  • Für einen starken Service Public statt Abbau öffentlicher Leistungen. Den Abbau von Leistungen für die Bevölkerung bei der Stadtverwaltung, Organisationen und Institutionen tragen wir nicht mit. Damit unsere Stadt lebendig und vielfältig bleibt, braucht es weiterhin einen gut ausgebauten Service Public. Leistungsabbau ist der völlig falsche Weg. Im Gegenteil: Um das aktuelle Leistungsniveau bei einer wachsenden Bevölkerung zu erhalten, müsste das bestehende Angebot eigentlich ausgebaut werden. 
  • Gute Arbeitsbedingungen für das städtische Personal. Damit das Personal gute Leistungen für die Bevölkerung erbringen kann, sind gute Arbeitsbedingungen notwendig. Eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen schwächt den Service Public. Die Arbeitsbedingungen müssen deshalb auf dem heutigen Niveau erhalten bleiben. Stellenabbau im Tieflohnsegment sowie Entlassungen von städtischen Mitarbeitenden sind mit der sozialen Verantwortung der Stadt nicht vereinbar und im Rahmen von Substance nicht hinnehmbar. 
  • Investitionen in die Zukunft ermöglichen. Biel investiert bereits heute zu wenig. Über die Jahre hinweg hat sich ein grosser Investitionsstau angehäuft, beispielsweise beim Schulraum oder den städtischen Liegenschaften. Wird das Investitionsvolumen gesenkt, schieben wir noch mehr notwendige Investitionen auf. Damit vergrössert sich der Investitionsstau weiter und die Stadt verlottert zunehmend. Die Lasten werden künftige Generationen tragen, die eine marode Infrastruktur und einen noch grösseren Investitionsstau erben werden. Das ist nicht generationengerecht. Ausserdem benötigt die Stadt angesichts der heutigen Herausforderungen wie der Klimakrise oder dem Einnahmenproblem einen angemessenen Handlungsspielraum für weitere dringend nötige Investitionen: In den Klimaschutz und die Klimaanpassung sowie in die städtische Boden- und Wohnbaupolitik. Eine pauschale Senkung der Investitionen ist deshalb keine sinnvolle Massnahme. 
  • Einnahmen statt Abbau. Statt Abbau beim Service Public, Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und Senkung der Investitionen muss das Finanzproblem auf der Einnahmenseite angegangen werden. Die Unternehmen, die von den Steuergeschenken profitieren, sollen einen fairen Anteil leisten und zu einem höheren Steuersatz als die natürlichen Personen veranlagt werden. Vermehrt sollen Unternehmen angesiedelt werden, die dazu beitragen, den ökologischen Fussabdruck der Stadt zu senken (Energiewende und Kreislaufwirtschaft) und ihre Gewinne versteuern, statt die Steuern mit Schlupflöchern zu umgehen. Langfristig müssen die Einnahmen der Stadt verbessert werden, indem zum Beispiel eine vorteilhafte Bodenpolitik betrieben und der städtische Wohnungsbau vorangetrieben werden. 

Wir, die linken Parteien und Gruppierungen, verfügen über die Mehrheit und stehen in der Verantwortung. Wir gehen geeint in die Budgetdebatte und wollen uns durch Änderungsvorschläge konstruktiv in die Diskussion einbringen, damit wir einen Abbau verhindern können, der die Stadt Biel für alle unattraktiv macht. Wir wollen den Stimmberechtigten im November ein gerechtes Budget vorlegen, indem wir auch für angemessene Mehreinnahmen sorgen. Zudem verlangen wir vom Gemeinderat, dass er Substance 2030 für die kommenden Budgets überarbeitet und dabei die Betroffenen einbezieht. Dazu arbeiten wir mit der Zivilgesellschaft zusammen. Die Debatten um die NHS im Jahr 2015 haben gezeigt: Wenn wir zusammenstehen und solidarisch sind, sind wir erfolgreich. Gemeinsam stehen wir für eine lebendige und vielfältige Stadt mit einem guten Service Public ein. 

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